Markus Pfister ist einer von ihnen. Dass er an seinen Tieren hängt, spürt man im Gespräch sofort. Seine Rinder leben auf dem Demeterbetrieb in Höllwangen.

Was nicht unbedingt paradiesisch klingt, entpuppt sich als ein von Weiden umgebenes Idyll. Doch wer sich darunter Ruhe pur vorstellt, der irrt, auf dem Gemischtbetrieb herrscht lebhaftes Treiben. Dafür sorgen nicht nur die 60 Kühe mit Kälbern, sondern auch die vielen Kinder der Hofgemeinschaft samt Feriengästen.

Der Schatten im Paradies

Schon lang werden auf dem Hof "Bio-Kälber" geboren, bis 2018 landeten die meisten von ihnen platzbedingt nach zwei Wochen auf dem konventionellen Viehmarkt.

Ab da war Herkunft „wurscht“, auch welche Transportwege auf sie warten oder welche medikamentösen Prophylaxen stattfinden, um Krankheitsübertragung der zusammengepferchten Kälber zu verhindern.

Regionalität, Tierwohl und gutes Gewissen

Für Markus Pfister war dieser Umstand nicht länger tragbar. Damit die gesamte Wertschöpfungskette bis zum Weiderindfleisch nachhaltig, regional, biologisch und artgerecht bleibt, suchte er nach Mitstreitern.

Bild 1: Nachhaltiger und regionaler Fleischkonsum - eine gelungene Umsetzung am Beispiel des Milchviehbetriebs  Hof Höllwangen eG bei Überlingen
Bild: WIR.Bio Power Bodensee

Mit Hilfe der Bio-Musterregion konnte schließlich folgende durchweg nach Demeterrichtlinien zertifizierte Wertschöpfungskette aufgestellt werden: Nach etwa sechs Monaten auf dem Geburtshof nehmen der Haettelihof in Konstanz und das Hofgut Brachenreuthe bei Überlingen Tiere der Milchviehbetriebe zur Weidemast bei sich auf, ohne den Tieren einen langen Transport zuzumuten.

Die ausgemästeten Tiere aus dem Erzeugernetzwerk WIR. Bio Power Bodensee werden in Überlingen geschlachtet.

Zerlegung und Verarbeitung findet bei der Frischland GmbH in Singen statt und Bodan als regionaler Biogroßhändler vermarktet das Fleisch als WIR. Bodensee Weiderind im Naturkostfachhandel.

Mehr als nur Bio

Einfach nur „Bio“ wäre leichter gewesen, doch der Anspruch von Markus Pfister und den anderen Landwirten und Partnern der Wertschöpfungskette ist höher, deutlich höher.

Neben den Wunschkriterien der Bio-Musterregion wie artgerechte Aufzucht aller Geschwisterkälber auf dem Betrieb, Weidemast ohne Kraftfuttereinsatz (feed no food) sowie regionale Schlachtung, Verarbeitung und Vermarktung des Bio-Weiderindfleisches ist das vor allem die kuhgebundene Kälberaufzucht.

Die Kälber trinken natürlich am Euter und nicht aus dem Eimer, das hält sie gesund und macht sie stark, davon ist Markus Pfister überzeugt.

Der Beginn einer langen Reise

Der Weg ist risikoreich und steinig, die Partner haben Enormes erreicht, doch nun müssen sie dafür auch einen Mehrpreis erzielen.

Es gilt, Verbraucher auf das regionale, kooperationsbasierte und zukunftweisende Projekt aufmerksam zu machen und diese vor allem für die Thematik Tierwohl zu gewinnen. Denn schlussendlich muss der Kunde bereit sein, diesen Mehrpreis für das Wohl der Tiere mitzutragen.

Klimakiller oder Klimaschützerin?

Dabei unterstützt die Bio-Musterregion. Eines ist Markus Pfister bezüglich Aufklärung und seinen Tieren noch wichtig: „Die Kuh wird ständig als Klimakiller verteufelt. Da ist sicherlich was dran, wenn man die intensive Milchproduktion anschaut, die kaum ohne Importfuttermittel wie Soja auskommt, dann ist die Bilanz versaut.

Im Gegensatz dazu betreiben wir mit unserer extensiven grünland- und weidebasierten Milchviehhaltung aktiven Klimaschutz.

Zudem können mit dem Dung der Tiere auf Ackerland wertvolle Nahrungsmittel für den Menschen erzeugt werden, denn das Gras, dass sie futtern, können wir nicht verdauen. Damit fördere ich nicht nur das Tierwohl, sondern tue gleichzeitig viel für den Klimaschutz.“

Bio-Musterregion: Für mehr Bio in der Region aus der Region

Bio-Musterregionen werden vom Ministerium für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg (MLR) als ein Baustein gefördert, um den Anteil des Öko-Landbaus auf 30 Prozent bis 2030 zu erhöhen.

Die Landkreise Konstanz und der Bodenseekreis haben sich hierfür zusammengeschlossen. Das Regionalmanagement für die Bio-Musterregion Bodensee teilen sich Lucile Huguet und Rainer Grimminger, sie bringen die regionalen Akteure entlang der Wertschöpfungskette zusammen, um gemeinsam Ideen und Maßnahmen für mehr Bio aus der Region zu entwickeln und umzusetzen.

Informative Kurzvideos sowie weitere interessante Hintergründe zu Akteuren und Projekten finden Interessenten unter www.biomusterregionen-bw.de/bodensee.

Anbieter regionaler Bio Produkte finden Interessenten auf der Homepage von WIR. Bio Power Bodensee.

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