Journalist im Visier der Justiz

Präsidentenbeleidigung: Gericht in Türkei erlässt Haftbefehl gegen Deniz Yücel

Der Journalist Deniz Yücel.

Der Journalist Deniz Yücel.

Istanbul. Ein türkisches Gericht hat einen Haftbefehl gegen den Journalisten Deniz Yücel verhängt. Die Entscheidung erging in einem Verfahren, in dem Yücel Beleidigung des Präsidenten sowie Verunglimpfung des türkischen Staates und der Justiz vorgeworfen werde, teilte sein Anwalt Veysel Ok am Donnerstag mit. Der „Welt“-Korrespondent lebt in Deutschland und war bei dem Prozess nicht vor Ort.

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Die Vorwürfe gegen ihn beziehen sich laut der Anwaltsvereinigung MLSA auf Inhalte aus von ihm verfassten Artikeln. Darin habe er Erdogan etwa einen „Putschisten“ genannt. Die Schriftsteller-Vereinigung PEN fordert die sofortige Einstellung der Verfahren gegen ihren Co-Sprecher Yücel. Es sei ein Skandal, dass dieser Prozess überhaupt eröffnet worden sei, betonte PEN. Der Prozess in Istanbul soll am 17. Oktober fortgesetzt werden.

Deniz Yücel saß ein Jahr lang in türkischer Haft

Yücel war von Februar 2017 bis Februar 2018 ohne Anklageschrift im Hochsicherheitsgefängnis Silivri westlich von Istanbul inhaftiert. Erst nach einem langen politischen Tauziehen zwischen Ankara und Berlin kam Yücel frei und konnte ausreisen - gleichzeitig wurde Anklage erhoben. Im Juli 2020 wurde er in Abwesenheit wegen Terrorpropaganda für die verbotene kurdische Arbeiterpartei PKK zu rund zwei Jahren und zehn Monaten Haft verurteilt.

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Im Januar 2022 hatte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte die Türkei wegen der Inhaftierung Yücels verurteilt und entschieden, dass das Vorgehen seine Menschenrechte auf Freiheit und Sicherheit sowie auf freie Meinungsäußerung verletzt habe.

„In einem Rechtsstaat wäre Deniz Yücel deswegen nicht angeklagt worden“, erklärte der PEN Berlin: „In einem Staat, der auch nur die eigenen Gesetze befolgt, hätte er nach diesen höchstrichterlichen Urteilen sofort freigesprochen werden müssen.“ Stattdessen sei er in einem Verfahren wegen „Propaganda für eine Tarnorganisation“ zu knapp drei Jahren Haft verurteilt. Zudem sei auf Grundlage derselben Zeitungsartikel ein neues Verfahren eröffnet worden, in dem nun der aktuelle Haftbefehl ergangen sei.

RND/dpa/epd

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