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Begleitung im Gerichtssaal

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Fünf Leute stehen im entspannten Gespräch vor einem Plakat.
Entspannter Austauch: Der Landesbeauftragte Thomas Pfleiderer mit Referentin Dr. Christine Kunst, Jessica Beier, Anke Koch und Kira-May Gresbrand. © KLee

Verden – „Früher hatte die Justiz nur die Täter und ihre Taten im Blick“, sagt Thomas Pfleiderer. Dies festzustellen reicht ihm nicht aus. Als Niedersächsischer Landesbeauftragter für Opferschutz will er Hilfe, Beratung, Unterstützung und Begleitung für die, die Straftaten erleiden oder erleben mussten. Diese Aufgabe erledigen die Mitarbeiterinnen im Verdener Opferhilfebüro und zehn weiteren Standorten im Lande. Gestern war der Beauftragte in Verden zu Gast, um sein Bild von den Strukturen des Opferschutzes und der Opferhilfe im Lande zu vervollständigen.

Thomas Pfleiderer kennt Verden. Bis zu seinem neunten Lebensjahr hat er in Verden gelebt. Das Verdener Büro der Opferhilfe kannte er bis gestern aber noch nicht. Fast alle anderen hat er schon besucht und gestern stellte er sich bei den Mitarbeiterinnen Anke Koch und Kira-May Gresbrand vor.

„Überall wird ein bisschen anders gearbeitet“, hat Pfleiderer beobachtet. Spannend und lehrreich sei seine Aufgabe deshalb auf jeden Fall. Und wichtig. Der Jurist hat beim Generalbundesanwalt in Karlsruhe, bei der Generalstaatsanwaltschaft in Celle, sowie als Leitender Oberstaatsanwalt in Bückeburg und zuletzt in Hildesheim gearbeitet. Er kennt die Prozessordnung und weiß, wo die Unterstützung der Opfer ansetzen muss. Er habe deshalb auch nicht gezögert, als er damals, vor gut zweieinhalb Jahren gefragt worden sei, ob er die Aufgabe übernehmen wollte, berichtet Pfleiderer. Sie sei vor zweieinhalb Jahren nach dem Terroranschlag Breitscheidplatz in Berlin geschaffen worden. Es gehe deshalb auch darum, die Opfer von Großschadenslagen betreuen zu können. Dafür Pläne zu machen, die er dann bei Bedarf aus der Schublade holen kann, ist seine Aufgabe. Aber auch, alles nötige für einzelne Verbrechensopfer zu tun und mit den freien Organisationen wie dem Weißen Ring zusammenzuarbeiten.

„Wir haben die psychosoziale Prozessbegleitung“, gibt er ein Beispiel für konkrete Aufgaben. Diese Mitarbeiter würden mit den Opfern oder Zeugen nicht über den Fall sprechen. Das soll möglichst vermieden werden. Die oftmals traumatischen Erlebnisse müssten sie ja vor dem Richter noch wieder durchmachen, wenn sie ihre Aussage machen.

Die psychosoziale Prozessbegleitung sei vor allem erst-einmal dazu da, dass die Opfer die Verhandlung nicht allein durchstehen müssen. Die Mitarbeiterinnen erklären im Zweifel, was da gerade passiert. Auch seien sie anwesend, wenn es sich mal nicht vermeiden lasse, dass die Opfer den Tätern außerhalb des Gerichtssaales begegnen.

„Das ist in Verden meist ganz super geregelt“ , ist die Erfahrung von Anke Koch. Sie findet, das wichtig, vor allem wenn Kinder vernommen werden sollen. Bei ihr oder ihren Kolleginnen können die Opfer oder Zeugen die Begleitung beantragen.

„In 80 Prozent der Fälle, bei denen Opfer uns aufsuchen, geht es um sexualisierte Gewalt“, erklärte Kira-May Gresbrand. Meist seien es also Frauen und Kinder, die da Rat suchen. Die drei Ansprechpartnerinnen im Verdener Büro sind für den gesamten Landgerichtsbezirk zuständig, und haben ordentlich zu tun. Immerhin sei Verden einer der größten Landgerichtsbezirke in der Republik, merkt Pfleiderer an. Der Bezirk umfasst die Zuständigkeitsbereiche der Amtsgerichte zwischen Osterholz, Rotenburg, Walsrode, Stolzenau, Diepholz und Syke.

„Zu uns kommen auch Opfer, bei denen die Tat lange her ist, und die sich jetzt erst wehren oder eine Strafanzeige erstatten wollen“, berichtet Anke Koch. Vielen gehe es um Rat, wie Verfahren ablaufen oder Erklärungen, wie Dinge ablaufen oder Anträge bearbeitet werden.

Neue Wege beschreiten Koch, Gresgang und mit ihnen auch die Kollegin in der Geschäftsstelle des Landesbeauftragten Jessica Beier bei einem Kongress, der Anfang Juli in Papenburg über die Bühne gehen soll. „Seit 20 Jahren gibt es die Opferhilfe“, sagt Beier. Jetzt solle es zu einem Austausch der Kolleginnen und Kollegen in den elf niedersächsischen Büros kommen. Der Kongress, so die Idee des Landesbeauftragten, soll aber auch der Vernetzung dienen, damit die Mitarbeiter in den Büros voneinander lernen können.

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