Entsprechend den Meldungen aus den europäischen Nachbarländern werden aktuell auch in Deutschland gehäuft Infektionen durch Gruppe A-Streptokokken (GAS) beobachtet. Dies betrifft neben der Tonsillopharyngitis auch invasive Infektionen (Pleuropneumonie, Sepsis, Meningitis) mit Komplikationen. Nach der britischen Gesundheitsbehörde UKHSA hat nun die europäische Gesundheitsbehörde ECDC am 12.12.2022 Eltern und Ärzt:innen zu erhöhter Wachsamkeit aufgerufen.

In Deutschland werden aus den mikrobiologischen Labors invasive Gruppe A Streptokokken (iGAS)-Isolate an das Nationale Referenzzentrum (NRZ) für Streptokokken eingesandt, so dass eine gewisse Übersicht über die epidemiologische Lage invasiver Infektionen besteht. Aussagen zu Tonsillopharyngitis- oder anderen nicht-invasiven Erkrankungen können dort nicht getroffen werden.

Das NRZ berichtet, dass die iGAS Zahlen in den letzten Wochen auch in Deutschland deutlich anstiegen, allerdings noch unter dem Niveau der Vorpandemiejahre blieben. Während der Pandemie gingen — bedingt durch die Schutzmaßnahmen (non pharmaceutical interventions) — die Fallzahlen von vielen respiratorischen Erkrankungen zurück. In diesem Zusammenhang sank neben der Inzidenz der typischen respiratorischen bakteriellen Infektionskrankheiten durch S. pneumoniae, N. meningitidis oder H. influenzae auch die Inzidenz invasiver GAS-Infektionen. Im Rahmen der Schutzmaßnahmen während der Pandemie kamen viele Menschen nicht in Kontakt mit GAS und konnten so auch keine ausreichende (Schleimhaut-)Immunität aufbauen. Dies führt jetzt zu einem ,Nachholeffekt‘ mit erheblich erhöhten Krankheitszahlen, dies gilt insbesondere für die nicht-invasiven Infektionen wie Tonsillopharyngitiden, proportional steigen aber auch die Fallzahlen der invasiven Infektionen an.

Bisher sieht das NRZ allerdings keinen überproportionalen Anstieg oder Ausbruch bzw. Cluster eines bestimmten emm-Typs der Gruppe A-Streptokokken. Auch im Ausland wurde das bisher nicht beobachtet.

Dennoch erscheint es der DGPI notwendig, auf die steigenden Fallzahlen invasiver GAS-Infektionen und die Notwendigkeit einer erhöhten Aufmerksamkeit hinzuweisen.

Dazu hat die DGPI zum 19.12.2022 ihren bisherigen COVID-19-Survey in einen compARI-Survey umgestellt, um ein klinisches Meldesystem für invasive GAS-Infektion kurzfristig zu etablieren.

Weiterhin weist die DGPI ausdrücklich daraufhin, dass eine Änderung des Antibiotikaverordnungsverhaltens bei Kindern und Jugendlichen mit Halsschmerzen nicht sinnvoll ist. Unverändert gelten die Empfehlungen der AWMF-S3-Leitlinie Halsschmerzen und des DGPI-Handbuchs.

Besorgniserregend ist in diesem Zusammenhang allerdings, dass aktuell die Verfügbarkeit von kindgerechten Antibiotika in Form von Säften (Trockensäfte, Suspensionen) und teils auch in Tablettenform aufgrund des hohen Verbrauchs in der akuten Infektionswelle aus produktionsbedingten und liefertechnischen Gründen national und international eingeschränkt ist.

Aktuelle Empfehlungen. zur antibiotischen Therapie in der ambulanten Pädiatrie im Rahmen des Versorgungsengpasses Winter 2022/2023 wurden daher aktuell zusammenstellt und beinhalten auch Infektion mit GAS (PDF Download).


Referenzen

  1. https://www.ecdc.europa.eu/en/news-events/increase-invasive-group-streptococcal-infections-among-children-europe-including
  2. https://www.gov.uk/government/news/ukhsa-update-on-scarlet-fever-and-invasive-group-a-strep-1
  3. https://www.ukaachen.de/kliniken-institute/institut-fuer-medizinische-mikrobiologie/forschung/nationales-referenzzentrum-fuer-streptokokken/publikationen/